Sabine Birkwald, Kunstkreis Siegerland

Eine Künstlerin mit Vielen Facetten

Sabine Birkwald entdeckt zuerst das Fotografieren. Längst textet und singt sie auch

WR-Westfäliche Rundschau, 25.4.2023,  KREUZTAL UND HILCHENBACH

 

 

 

Wolfgang Leipold

Kreuztal. Schon auf der Treppe zu Sabine Birkwalds Wohnung sieht man: Hier ist Kunst zu Hause. Ein buntes Flurfenster lässt das Tageslicht herein, großformatige Gemälde schmücken das Treppenhaus. Es sind die Arbeiten der bekannten Kreuztaler Malerin Vera Becker, gleichzeitig Besitzerin des Hauses, in dem Sabine Birkwald seit zehn Jahren wohnt. Als Kind eines aus Schlesien stammenden Vaters und einer Mutter, die im Westerwald geboren wurde, lebt sie von Geburt an in Kreuztal und arbeitet seit 42 Jahren als Zahnarzthelferin in der gleichen Praxis: „Ich habe inzwischen meinen dritten Chef“, sagt sie nicht ohne Stolz, „und lernte dadurch beruflich ganze Generationen von Kreuztaler Familien kennen.“ „Fotografieren gehört seit meiner Jugend zu meinem Leben“, erinnert sich Sabine Birkwald, „damals aber noch mit einfachen Kameras.“ Seit 2009 nach einer privaten Trennung wurde daraus eine Leidenschaft. Sie kaufte sich eine Canon und verschiedene Objektive, traf sich mit anderen Fotografen, besuchte Workshops, um die Technik einer Profi-Kamera kennenzulernen. Sie entwickelte einen eigenen Blick auf ihre Umgebung und die Natur, erfuhr auch: „Konzentriere dich auf ein Motiv, die Schärfe, die Belichtungszeit und entscheide, ob du ein Stativ brauchst “

 

Auch scheinbar banale Dinge des täglichen Gebrauchs macht sie seitdem zu kunstvollen Bildern: Zwirn, Nadeln, Mensch ärgere dich nicht- Figuren, Buntstifte, „Kleinkram“ nennt es Sabine Birkwald. Und manchmal hilft sie auch ein wenig nach: Durch Spiegelungen erhält eine Spielkarte mit Würfeln eine besondere Wirkung und wird aus einem Schachbrett etwas Rätselhaftes.

 

Nur logisch, dass Sabine Birkwald die erste Ausstellung im Rathausfoyer ihrer Heimatstadt „Ganz alltägliche Dinge“ nennt. Sie findet neue Motive, macht Architekturfotos, die sie bearbeitet und neue Sichtweisen ermöglicht, Porträts von Freundinnen und Kolleginnen.

Über 20 Ausstellungen und Gemeinschaftsausstellungen - sie ist Mitglied im Kunstverein Siegen und Kunstkreis Siegerland - kommen hinzu und sind ihr wichtig: „Ich möchte meine Kunst präsentieren. Was man nicht teilen kann, macht keinen Spaß“ Kommentare von Betrachtern wie: „So habe ich das noch nie gesehen“ sind ihr ein großes Kompliment. Manche Fotos hat sie auch verkaufen können. „Das ist sehr schwer und ich rechne nicht damit“, sagt Sabine Birkwald und weiß, dass sie dieses Schicksal mit vielen heimischen Künstlern teilt.

 

Im Jahr 2019 kombiniert Sabine Birkwald im Siegener Krönchen-Center ihre Fotos erstmals mit selbst geschriebenen lyrischen Texten. Auslöser ist erneut eine sehr persönliche Erfahrung:

Die Demenzerkrankung ihres Vaters und die damit verbundene Auseinandersetzung mit den Themen Leben und Tod. Inspiriert durch lange Spaziergänge in Wäldern und auf Friedhöfen gelingt es ihr, eigene Gefühle und Empfindungen in kurzen Texten auszudrücken: Schöne und traurige Momente, Freude, Schmerz. Und fragt sich: „Habe ich Fotos, mit denen ich meine Lyrik zusammenbringen kann?“ Das Ergebnis: Bei der nächsten Ausstellung im Krönchen-Center präsentiert sie ihre Bilder und Texte nebeneinander. Daraus entsteht ein Büchlein, ihre erste Lesung folgt. „Hell und dunkel“ ist der Titel. 

 

Musik war für Sabine Birkwald bis dahin kein großes Thema. Lediglich in ganz jungen Jahren hatte sie im Kreuztaler Kinderchor „Germania“ gesungen. 2015 sucht sie einen Chor und das ganz bewusst: „Durch die Trennung Waren viele soziale Kontakte weg, Fotografieren und Texte schreiben macht man ganz allein.“ Zufällig gerät sie bei der Chorsuche auf die Webseite von Gospeltrain, die damals die Überschrift „I Want You“ trägt. Sie geht zu einer Chorprobe, fühlt sich willkommen: „Das war so locker, so schön. Das mache ich jetzt“. Und nun ist sie seit einigen Jahren die Vorsitzende des Chores. Dabei lernt sie auch Wolfgang Ponwitz kennen, den renommierten, in vielen heimischen Bands aktiven Gitarristen, der auch die Konzerte von Gospeltrain begleitet.

Im September 2021 wird daraus das Programm „Lyrik & Zwischentöne“ in der Kreuztaler Bibliothek, an diesem Abend noch ohne ihre Fotos. Die kommen später bei ihrer Ausstellung im Freudenberger Kulturzentrum „Silberstern“ hinzu. Sabine Birkwald gibt den von ihr vorgetragenen, eigenen Texten und ihren Bildern in Verbindung mit der Gitarrenkunst von Wolfgang Ponwitz eine noch tiefere Wirkung, bezieht die Zuhörer noch intensiver ein. Auch, indem sie den Text des weit bekannten Anti-Kriegs-Lieds „Sag mir, wo die Blumen sind“ verändert und eine Strophe selbst singt.

 

Sabine Birkwald freut sich, dass ihre Kunst immer mehr Beachtung findet. So erreicht sie beim IHK-Wettbewerb „Brücken im Fokus“ unter 300 Einsendern den dritten Platz erreichte und wird ihr preisgekröntes Bild in den IHK-Jahreskalender übernommen. Sie bekommt Aufträge von Restaurants und Banken, wird für Porträts gebucht und ist in der Kunstsammlung ihrer Heimatstadt Kreuztal in der Gelben Villa von Dreslers Park vertreten. Auch bei der Ausstellung zum Thema „Wasser“ im kommenden Jahr im Haus Seel ist sie dabei. Die Fotos sind schon fertig.